Name:Apodemus uralensis (Pallas, 1811) veraltet: A. microps Kratochvil und Rosicky, 1952; Zwergwaldmaus (D), Herb field mouse, Pygmy or Ural field mouse (E) Internationaler Schutz: international nicht geschützt Größe: Kopf-Rumpf: 70-100 mm; Hinterfuß: 17–21 mm; Schwanz: 65–100 mm; Gewicht: 13–27 g. Fell: Rücken und Flanken: mehr grau und weniger gelblich als andere Apodemus-Arten, wirkt vgl. dunkler; Unterseite: grauweiß; Grenze zwischen Ober-und Unterseite: scharf; 10-20 % der Tiere mit Kehlfleck: unscharfer, asymmetrischer kleiner Fleck oder Strich. Augen/Ohren: für eine Echte Maus relativ kleine Augen und kurze Ohren (kleiner als 15 mm). Schwanz: kleiner als die Körperlänge. Verbreitung: Paläarktische Verbreitung von Zentraleuropa über Anatolien und baltische Staaten bis Kasachstan, NW-China und Mongolei; in Europa östlich von Tschechien und Österreich; Österreich: Pannonisches Tief- und Hügelland; Deutschland und Schweiz: kein Vorkommen; Mehr Info: GeoMaus-Karte. Ihre Höhenverbreitung erstreckt sich bis bis 2.250 m, meist bewohnt sie aber Gebiete unter 400 m. Lebensraum: offene Trockenstandorte und Kulturland sowie zum Teil Waldränder, feuchte Hochstaudenflure und unterwuchsreiche, lichte Wälder, Aktivitätsradius: 750 m² – 2.500 m²; Populationsdichte: 1,1 – 9,5 Individuen pro Hektar. Lebenserwartung: keine Angaben Ähnliche Arten: Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis) und Waldmaus (A. sylvaticus), wobei die Zwergwaldmaus kleiner ist (erwachsene Tiere erreichen die Größe junger Waldmäuse) und die Hinterfußlänge weniger als 20,5 mm misst. Zudem treten ihre Augen weniger hervor und ihr Ohr misst selten mehr als 15 mm im Durchmesser. Weiters wirkt ihre Nase stumpf und ihre Färbung ist dunkler und ähnelt der Fellfarbe der Hausmaus (Mus musculus). Die Grenze zwischen Ober- und Unterseite ist deutlicher ausgeprägt, die Unterseite heller als bei der Waldmaus und grauer als bei der Gelbhalsmaus. Systematik: Ordnung: Nagetiere (Rodentia) → Unterordnung: Mäuseverwandte (Myomorpha) → Überfamilie: Mäuseartige (Muroirdea) → Familie: Ratten- und Mäuseartige (Muridae) → Unterfamilie: Echte Mäuse und Ratten (Murinae) → Gattung: Waldmäuse (Apodemus)
Lebensraum
Als Lebensraum der Zwergwaldmaus gelten offene Trockenstandorte und Kulturlandschaften. Meist wandert sie im Frühjahr von brachliegenden Randzonen in Ackerflächen ein. Auf diesen verweilt sie so lange wie Samen zur Verfügung stehen. Sie bevorzugt lückig gesäte Felder mit einer hohen Vielfalt an Kräutern. Zudem zeigt sie eine Präferenz für Ökotone (Randbiotope), insbesondere zu Waldrändern. Die Zwergwaldmaus bewohnt auch feuchte Hochstaudenflure und Aufforstungsflächen mit Grasbewuchs sowie kleine Waldflächen mit strauchreichem Unterwuchs, was für eine hohe ökologische Anpassungsfähigkeit der Art spricht. Insgesamt scheint ihr Vorkommen nur hinsichtlich ihrer Nahrung eingeschränkt zu sein, während Feuchtigkeit und Temperatur einen geringeren Einfluss ausüben. Ihre Lebensraumnutzung wird vermutlich auch von der Konkurrenz mit anderen Waldmäusen (Apodemus) beeinflusst. Besiedelte Gebiete und geschlossene Wälder werden von ihr gemieden.
Lebensweise
In den Sommermonaten ist die Zwergwaldmaus dämmerungs- und nachtaktiv. Als bodenbewohnender Kleinsäuger ist sie mit kurzen Hinterfüßen und Vibrissen sowie kleinen Ohren und Augen gut an ein Leben im und am Boden angepasst. Im Gegensatz zu den anderen Waldmaus(Apodemus)-Arten klettert sie weniger und gilt als unbeweglicher und langsamer. Ihr Aktivitätsradius beträgt zwischen 750 m² und 2.500 m² und ist insbesondere bei ausreichendem Nahrungsangebot tendenziell kleiner. Die Reviere der männlichen Tiere überlappen mehrere weibliche Territorien. Weibchen nutzen hingegen nur optimalen Bereiche ihres Habitats und bleiben bevorzugt in der Umgebung ihres Baus. Im Sozialverhalten unterschieden sich Zwergwaldmäuse mit ihrer außerordentliche hohen Toleranz gegenüber Individuen ihrer Art sehr von ihren verwandten Apodemus-Arten. Sie leben meist in lokalen Gruppen und legen auf engem Raum ihre Baue in unmittelbarer Nachbarschaft an. Die Zwergwaldmaus gräbt zwar eigene, flache Baue, kann aber auch häufig in Bauen der Feldmaus (Microtus arvalis) und des Maulwurfs (Talpa europaea) beobachtet werden. Eine Besonderheit ist der Fluchtgang, welchen sie nicht zur Gänze fertiggräbt und erst bei Gefahr durchbricht. Entlang der Gänge befinden sich 10 cm große Kammern. Ein Bau verfügt meist nur über einen, an der Oberfläche gut getarnten, Eingang. Neben einem Hauptbau besitzen Zwergwaldmäuse Erdverstecke und Nebenbaue. Für den Winter gräbt sie tiefer liegende Baue (bis 1,5 Meter), um in frostfreie Schichten vorzudringen. Ab Oktober beginnt sie mit der Anlage von Samenvorräten. Zusammen mit ihren Jungen aus dem letzten Jahreswurf verbringt sie die kalten Monate in einem aus Blättern und Gräsern gut ausgepolsterten Nest. Bis zur Fortpflanzungszeit im Frühjahr werden auch Männchen im Bau geduldet.
Fortpflanzung und Population
Die Fortpflanzungszeit der Zwergwaldmaus beginnt im März und dauert bis August. Eine frühere Reproduktion kann bei mildem Februarwetter beobachtet werden. Im Unterschied zu anderen Waldmäusen (Apodemus) ist die Fortpflanzungszeit kürzer und Herbstwürfe erfolgen früher mit weniger Jungtieren. Zur Aufzucht ihres Nachwuchses legt das Weibchen ein Nest in einer 15 cm breiten Kammer in 60–80 cm Bodentiefe an. Zwei Mal im Jahr bringt das Weibchen 4–6 Junge zur Welt. Früh im Jahr geborene Tiere werden nach 2 Monaten, spät im Jahr geborene im nächsten Frühjahr geschlechtsreif. Mit Erreichen von einem Körpergewicht von 14–16 Gramm gilt der Nachwuchs als Erwachsen. Im Idealfall kann ein Weibchen in einem Jahr bis zu 27 Junge zur Welt bringen. Bei Zwergwaldmäusen treten keine wiederkehrenden Massenvermehrungen auf. Je nach Lebensraum liegen die Populationsdichten zwischen 1,1 und 9,5 Individuen pro Hektar.
Nahrung
Die Zwergwaldmaus ernährt sich je nach Saison und Lebensraum in unterschiedlichen Anteilen von pflanzlicher und tierischer Kost. Insekten in Form von Spinnen, Asseln und Regenwürmern frisst sie vor allem im Frühjahr, wenn das Angebot an Samen gering und der Bedarf an tierischem Eiweiß hoch ist. Im Sommer ernährt sie sich fast ausschließlich (bis zu 80 %) vegetarisch. Zu dieser Jahreszeit sind Früchte und Samen von Getreide, Gräser, Kräuter sowie Nektar und Pollen von Blüten eine entscheidende Nahrungsquelle. Besonders gerne verzehrt sie Samen von Knöterich- und Gänsefußgewächsen, Hühner-, Borstenhirse und Fuchsschwanz. Sie meidet lediglich harte Samen und Samen mit einem hohen Anteil an ätherischen Ölen. Wasser nimmt die Zwergwaldmaus vorwiegend über die Nahrung auf. Im Spätsommer und Frühherbst frisst sie viele Früchte. Im Winter ernährt sie sich neben Wurzeln und Knollen von einem angelegten Samenvorrat. An grüne Pflanzenteile gelangt sie durch Gänge unter der Schneedecke.
Konkurrenz und Feinde
Strauchreiche Lebensräume, Kahlschlagfläche und Waldränder teilt sie sich mit der Waldmaus (Apodemus sylvaticus). Äcker, Wiesen und Steppenbiotope werden auch von der Ährenmaus (Mus spicilegus) und der Feldmaus besiedelt. Über Dominanzverhältnisse und Auswirkungen dieser Konkurrenzsituationen ist nicht viel bekannt. Die geringe Körpergröße der Zwergwaldmaus und ihr wenig aggressives Verhalten lässt eine untergeordnete Rolle vermuten. Feldmäuse setzen sich zudem häufig gegenüber anderen Kleinsäugern durch. Angaben zu potentiellen Feinden fehlen in der Literatur. Lebensraum und Lebensweise lassen annehmen, dass typische Feld- und Waldmausjäger wie Mauswiesel (Mustela nivalis), Hermelin (Mustela erminea), Rotfuchs (Vulpes vulpes), Iltis (Mustela putorius), Mäusebussard (Buteo buteo), Waldohreule (Asio otus), Sumpfohreule (Asio flammeus) und Schleiereule (Tyto alba) auch regelmäßig Zwergwaldmäuse erbeuten.
Gefährdung und Schutz
In Österreich ist die Zwergwaldmaus eine der am wenigsten bekanntesten Kleinsäugerarten. Weiterführende Studien zur Einschätzung ihres Gefährdungspotentials sind daher dringend notwendig. Wie bei der Ährenmaus, dem Feldhamster (Cricetus cricetus) und dem Ziesel (Spermophilus citellus) ist davon auszugehen, dass die Intensivierung und Modernisierung der Landwirtschaft regionale Vorkommen gefährdet. Der Rückgang brachliegender Flächen in unserer Kulturlandschaft führt zu zusätzlichen Lebensraumverlust. Anzunehmen ist, dass die Zwergwaldmaus vom Lebensraumschutz des Feldhamsters und des Ziesels profitiert.
Literatur
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Autoren: Dr. Christine Resch & Dr. Stefan Resch Zitiervorschlag: Resch, C. & Resch, S. (2023): Waldmaus – Apodemus sylvaticus. In: kleinsaeuger.at – Internethandbuch über Kleinsäugerarten im mitteleuropäischen Raum: Körpermerkmale, Ökologie und Verbreitung. apodemus – Institut für Wildtierbiologie, Haus im Ennstal.