Name: Microtus subterraneus (De Sélys-Longchamps, 1836), ehemals: Pitymys subterraneus (De Selys-Longchamps, 1836); Kurzohrmaus, Kleinwühlmaus (D); Common pine vole (E) Größe: Kopf-Rumpf: 70–95 mm; Hinterfuß: 13,5–15,5 mm; Schwanz: 25–35 mm; Ohr: 7–12 mm Gewicht: 13–23 g Fell: dicht und vergleichsweise lang mit hervorstehenden Haarspitzen; Haare an der Basis schwarzgrau, Spitzen dunkelbräunlich bis dunkelschwärzlich; graue oder sibergraue Bauchunterseite; der Übergang zwischen OS und US verläuft fließend. Augen/Ohren: Sehr kleine Augen mit einem Durchmesser von 1,7–2 mm; Ohrmuschel kurz und im Fell verborgen. Schwanz: deutlich zweifarbig (O: braunschwarz und U: grauweiß); kurz behaart; misst 35–39 % der Körperlänge. Verbreitung: Europa und West-Anatolien, in Europa von der Atlantikküste Frankreichs über Zentraleuropa bis in die Ukraine; Österreich: in allen Bundesländern verbreitet, im Flachland jedoch selten und inselförmig; Deutschland: nur inselförmig, fehlt im Norden; Schweiz: in allen Landesteilen verbreitet, im Mittelland jedoch selten; Mehr Info: GeoMaus-Karte. Ihre Höhenverbreitung erstreckt sich vom Meeresniveau bis 2.300 m Höhe mit Schwerpunkt in der planar/kollinen Höhenstufe Lebensraum: kommt in einer Vielzahl von Habitaten vor, oft deckungsreiche Standorte außerhalb geschlossener Wälder mit ausreichender Luft- und Bodenfeuchtigkeit; Reviergröße abhängig vom Geschlecht bei Weibchen 250 m² und bei Männchen 1000 m²; Populationsgröße bis zu 52 Individuen pro Hektar in den Bergen. Lebenserwartung: 11 bis maximal 14 Monate Ähnliche Arten: Die Kurzohrmaus ist die kleinste heimische Wühlmaus, dementsprechend kann sie anhand ihrer geringen Körpergröße mit einem Gewicht von unter 18 g und einer Hinterfußlänge von stets < 18 mm sowie den kleinen Augen gut erkannt werden. Verwechslungsgefahr besteht vor allem mit jungen Feld- (Microtus arvalis) und Erdmäusen (M. agrestis). Im Unterschied zu den meisten anderen Microtus Arten besitzt sie 5 (anstelle von 6) Tuberkel am Hinterfuß und 2 Paar (anstelle von 4) Zitzen. Innerhalb der Untergattung Terricola lassen sich die Tiere nur anhand von Schädelmerkmalen sicher unterscheiden, einige Arten können auch aufgrund ihres begrenzten Verbreitungsgebietes ausgeschlossen werden. Sytematik: Ordnung: Nagetiere (Rodentia) → Unterordnung: Mäuseverwandte (Myomorpha) → Überfamilie: Mäuseartige (Muroirdea) → Familie: Hamster- und Wühlmausartige (Cricetidae) → Unterfamilie: Wühlmäuse und Lemminge (Arvicolinae) → Gattung Feldmäuse (Microtus) → Untergattung (Terricola)
Lebensraum
Die Kurzohrmaus gilt als eine der wenigen Säugetierarten, welche sowohl in der Ebene (planar bis kollin) als auch alpinen Umgebungen vorkommen kann. Dementsprechend vielfältig präsentieren sich ihre potentiellen Lebensräume: feuchte Laubwälder und Waldränder, Verlandungszonen, Gärten und Gemüsefelder, Feldraine, verschilfte Mähwiesen, Hochgrasbestände, Ufer und Gräben kleiner Bäche, Windwurfflächen, Alm- und Bergwiesen. Ihr Bestand wird dabei stark durch interspezifische Konkurrenz beeinflusst. Sie meidet trockene, kurzgrasige Standorte, welche häufig von der Feldmaus besiedelt werden. Zusätzlich wirken sich auch hohe Populationsdichten von Erd-, Rötel- und Waldmäusen negativ auf ihr Vorkommen aus. Im Allgemeinen ist ihre Verbreitung daher auf feuchte, offene Standorte im gemäßigten Klimabereich beschränkt. Im Bereich der Alpen betrifft dies aufgelassene Almwiesen mit üppigem Pflanzenbewuchs und weichen Böden mit krümeliger Struktur zur Anlage ihres Baues. Des Weiteren bevorzugt sie ein kleinräumiges Mosaik aus offenen Grasflächen und deckungsspendendem Gehölz sowie ausreichende Luft- und Bodenfeuchte. Die Kurzohrmaus wird daher auch häufig als eine Art der Waldsteppe mit lichten Lebensraumstrukturen beschrieben. Dies betrifft vor allem Lichtungen, Waldränder, Gebüsche und Bachufer. Geschlossene Wälder meidet sie, intensiv beweidete Wiesen eignen sich nur bedingt, da ihre Gänge durch Viehtritt zerstört werden können.
Lebensweise
Über den Tag verteilt besitzt die Kurzohrmaus zwischen 12 bis 14 Aktivitätsphasen von 25–40 Minuten. Nur trächtige oder säugende Weibchen zeigen sich doppelt so aktiv. Im Allgemeinen ist die Anzahl der Aktivitätsphasen in der Nacht und am Tag zwar gleich, die Dauer der einzelnen Phasen ist aber in der Nacht üblicherweise länger. Bei ausreichender Vegetationsdeckung kann die Kurzohrmaus auch am Tag beobachtet werden. Weibliche Tiere entfernen sich dabei meist nur bis zu 100 m von ihrem Bau. Männliche Tiere können hingegen bis zu 400 m vom Bau entfernt angetroffen werden. Während Weibchen kleine Reviere von 250 m² besetzen und diese gegenüber gleichgeschlechtlichen Artgenossen verteidigen, nutzen Männchen ausgedehnte Aktionsräume von rund 1000 m², welche die Territorien mehrerer weiblicher Tiere überlagern. Die Reviere werden von beiden Geschlechtern regelmäßig entlang von häufig genutzten Wegen durchlaufen. Um sich bei Konkurrenz mit anderen Kleinsäugerarten behaupten zu können, bildet die Kurzohrmaus gelegentlich Familiengruppen. Diese bestehen aus bis zu 11 Tieren und setzen sich aus den Eltern und deren Jungtieren aus mehreren Würfen zusammen. Ihre Gänge verlaufen zum Teil oberflächennah bis direkt unter die Altgras- oder Laubauflage. Bei gleichmäßiger und hoher Populationsdichte entsteht dadurch ein scheinbar unauflösbares Labyrinth aus Laufwegen mit zahlreichen Eingängen, welches besonders nach der Schneeschmelze gut zu erkennen ist. Fehlt eine deckungsreiche Krautschicht so werden die Gänge tiefer angelegt, bei grobsteinigen Böden verlaufen sie zwischen den Gesteinsspalten. Befindet sich der rund 3 cm breite Zugang nicht unterhalb geschützter Strukturen wie einem Felsen, verschließt die Kurzohrmaus diesen bei ungünstiger Witterung mit Erde. Die Nestkammer liegt in 17–25 cm Tiefe unter der Oberfläche. Beim Anlegen ihres Baus schiebt sie das Erdmaterial mit der Stirn nach außen, kleine Steine und Wurzelstücke werden im Maul aus dem Gang getragen. Erweitert sie ihren Bau, nutzt sie zusätzlich alte, aufgelassene Gänge als Ablageplatz. Häufig schließt sie ihre Gänge mit Spaltöffnungen an bestehende Gangsysteme von anderen Kleinsäugern wie der Schermaus (Arvicola sp.) oder dem Maulwurf (Talpa europaea) an.
Fortpflanzung und Population
Die Fortpflanzungszeit liegt zwischen März und September. Nach einer Tragzeit von 3 Wochen kommen 1–4 Junge zur Welt, wobei in den Sommermonaten meist umfangreichere Würfe vorkommen. Die Kurzohrmaus zeigt demnach ein deutlich geringeres Fortpflanzungspotential als andere Wühlmausarten. Nach 4 Tagen können die Jungtiere hören und nach 8 Tagen besitzen sie ein plüschartiges Fell. Wenn sich nach 12–14 Tagen ihre Augen öffnen und sich das Jugendhaarkleid entwickelt hat, unternehmen sie bereits kleine Streifzüge und beginnen ihre Nahrung selbstständig zu sich zu nehmen. Das Weibchen achtet jedoch darauf, dass sie das Nest nicht zu weit verlassen. Bei Gefahr saugen sich die Jungtiere an ihren Zitzen fest und werden mitgeschleift. Nach 6–20 Tagen ist ihr Gebiss vollständig entwickelt und kurz danach sind die Jungtiere selbständig. Die Geschlechtsreife tritt nach 7–8 Wochen ein. Im Frühjahr geborene Tiere beteiligen sich dementsprechend noch im selben Jahr an der Fortpflanzung. Spät geborene Tiere hingegen verweilen meist über den Winter in ihrem juvenilen Stadium und wachsen erst im Frühjahr zu geschlechtsreifen Tieren heran. Wintervermehrung konnte nur unter besonders günstigen Umständen beobachtet werden, bei Männchen reduziert sich in den kalten Monaten auch die Hodengröße. In den Bergen konnten Populationsdichten von bis zu 52 Individuen pro Hektar beobachtet werden.Massenvermehrungen treten bei der Kurzohrmaus nicht auf. Im Allgemeinen ist jedoch bis heute nur wenig über Populationsentwicklung und –schwankungen bekannt.
Nahrung
Die Kurzohrmaus ernährt sich in erster Linie pflanzlich von Blättern, Stielen, Wurzeln, Knollen und Obst. In Waldlebensräumen werden Baumsamen, Früchte der Sträucher und Pilze ebenfalls häufig verzehrt. Sie legt keine Wintervorräte an. Nur gelegentlich frisst sie zusätzlich Insekten oder Schnecken.
Literatur
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Salvioni, M. (1995) Pitymys subterraneus (de Selys-Longchamps, 1836). In Die Säugetiere der Schweiz: Verbreitung, Biologie und Ökologie. Hrsg.: J. Hausser, Band 103, S. 314-318. Birkäuser Verlag: Basel.
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Grimmberger, E. (2014): Die Säugetiere Deutschlands. Quelle & Meyer, Wiebelsheim.
Autoren: Dr. Christine Resch & Dr. Stefan Resch Zitiervorschlag: Resch, C. & Resch, S. (2023): kleinsaeuger.at – Internethandbuch über Kleinsäugerarten im mitteleuropäischen Raum: Körpermerkmale, Ökologie und Verbreitung. apodemus – Institut für Wildtierbiologie, Haus im Ennstal.