Name: Mus spicilegus (Petény, 1882); Ährenmaus (D); Mound-building Mouse, Steppe mouse (E) Internationaler Schutz: international nicht geschützt Größe: Kopf-Rumpf: 73–86 mm; Hinterfuß: 15,5–17 mm; Schwanz: 55–67 mm; Gewicht: 10–25 g Fell: grauer bis graubrauner Rücken mit etwas dunklerer Mitte, grau bis weißgrauer Bauch Augen/Ohren: große Augen und freistehende Ohren Schwanz: ca. 80% der Körperlänge, zweifarbig Verbreitung: Europa Westgrenze der Verbreitung durch Osten Österreichs (Neusiedler See, SO Niederösterreich); Südwesten und Südosten der Slowakei; Ukraine, Ungarn, Teile des Balkans; östlich bis Südwesten Russlands (IUCN) Österreich: Parndorfer Platte bis Seewinkel und Haidboden, Deutschland und Schweiz: kein Vorkommen; Mehr Info: GeoMaus-Karte. Ihre Höhenverbreitung erstreckt sich vom Meeresniveau bis in 200 m Höhe Lebensraum: extensiv genutzte Felder und Steppen, meidet im Gegensatz zur Hausmaus (Mus musculus) den Siedlungsraum; Aktivitätsradius: 150–260 m²; Populationsdichte: 1–20 Ährenmaushügel pro Hektar mit jeweils 5–6 Ährenmäusen Ähnliche Arten: Hausmaus (Mus musculus), diese jedoch mit längerem Schwanz und grauerem Fell Systematik: Ordnung: Nagetiere (Rodentia) → Unterordnung: Mäuseverwandte (Myomorpha) → Überfamilie: Mäuseartige (Muroirdea) → Familie: Ratten- und Mäuseartige (Muridae) → Unterfamilie: Echte Mäuse und Ratten (Murinae) → Gattung: Hausmäuse (Mus)
Lebensraum
Die Ährenmaus bewohnt Wegränder, Hecken, junge Aufforstungsstreifen, Wildäcker, extensiv genutzte Felder und Steppen des Tieflandes. Die Verfügbarkeit von Nahrungspflanzen sowie der Zeitpunkt der Samenreife beeinflussen dabei ihre Habitatwahl. Im Gegensatz zur Hausmaus (Mus musculus) ist die Ährenmaus nie in Gebäuden anzutreffen.
Lebensweise
Die dämmerungs- und nachtaktive Ährenmaus ist eine gute Läuferin und Kletterin und nutzt dabei ihren Schwanz zum balancien. Während sich die motorische Aktivität bei der Hausmaus überwiegend in Erkundungsverhalten äußert, zeigt die Ährenmaus eine unermüdliche Grabtätigkeit. Der Aktivitätsradius beträgt bei hügelbewohnenden Ährenmäusen 150 – 260 m², wobei sich diese Bereiche bei den einzelnen Tieren üblicherweise überschneiden. In Freigehegen wurde beobachtet, dass sich die Ährenmaus gegenüber fremden Artgenossen friedlicher verhält als die Hausmaus. Ährenmäuse, welche in Untersuchungen mit der Hand gegriffen werden, machen nicht von ihrem Gebiss gebrauch, sondern Verhalten sich ähnlich »friedlich« wie Birken- Zwerg- oder Haselmäuse. Bei tieferen Außentemperaturen ist bei Ährenmäusen öfters ein Kontaktliegen zu beobachten, wobei sich alle Mitglieder einer Gruppe pyramidenförmig aneinanderlegen.
Ährenmaushügel
Ab August beginnen Gruppen von jeweils 4–14 Ährenmäusen (überwiegend Jungtiere von 1–2 Würfen und einige Adulte) mit der Errichtung eines Hügels zur Vorratsspeicherung und zum Überwintern. Die Größe der Speicherhügel hängt von der Anzahl der am Bau beteiligten Tiere ab, meist erreichen sie einen Durchmesser von 100–200 cm und eine Höhe bis zu 50 cm. In die Hügel werden bis zu 50 kg Samen von Ackerkräutern und Getreide aus einem Umkreis von bis zu 140 m² eingetragen. Die Abdeckung besteht aus trockenem Laub und Gras und einer abschließenden 5–10 cm dicken Erdschicht. Bis zur Fertigstellung dauert es ca. 2–3 Wochen. Auch wenn der Bau des Hügels abgeschlossen ist, geht die Aktivität der Ährenmäuse weiter. So wird das verzweigte System aus Gängen, Vorratskammern und Nestkammern unter dem Hügel ständig erweitert und umgebaut. Ab März werden die Hügel wieder verlassen, die Ährenmäuse bewohnen über die Frühlings- und Sommermonate einfacher angelegte Erdbaue.
Fortpflanzung und Population
Die Fortpflanzungszeit dauert von März/April bis Oktober. In dieser Zeit kommt es zu 4–5 Würfen mit je 4–7 Jungtieren. Die Tragzeit dauert ungefähr 20–24 Tage, die jungen Ährenmäuse öffnen erst nach 16–19 Tagen die Augen, sind dann jedoch selbstständig. Die Geschlechtsreife wird mit vermutlich nach frühestens 2 Monaten erreicht. Auf einer Fläche von einem Hektar können häufig 1–20 (in sehr gut geeigneten Lebensräumen 60–100) Ährenmaushügel vorgefunden werde. In einem Hügel leben meist 5–6, gelegentlich bis zu 14 Ährenmäuse.
Nahrung
Die Ährenmaus ernährt sich von Trockenfrüchten und Samen von Feldpflanzen und Ackerkräutern. Je nach Angebot des Standortes und zeitlicher Verteilung der Fruchtreife kann der Anteil der 1–2 (3) wichtigsten Sammelpflanzen >95 % des Hügelinhaltes betragen. Häufig frisst sie Körnerfrüchte, insbesondere Fuchsschwanzarten, Gänsefüße, geruchlose Kamille, Sonnenblumen und Hirse.
Konkurrenz und Feinde
Äcker, Wiesen und Steppenbiotope werden auch häufig von der Zwergwaldmaus (Apodemus uralensis) und der Feldmaus (Microtus arvalis) besiedelt. Über Dominanzverhältnisse und Auswirkungen dieser Konkurrenzsituationen ist nicht viel bekannt. Feldmäuse setzen sich jedoch meist gegenüber anderen Kleinsäugern durch. Angaben zu potentiellen Feinden fehlen in der Literatur. Lebensraum und Lebensweise lassen annehmen, dass typische Feld- und Waldmausjäger wie Mauswiesel (Mustela nivalis), Hermelin (Mustela erminea), Rotfuchs (Vulpes vulpes), Iltis (Mustela putorius), Mäusebussard (Buteo buteo), Waldohreule (Asio otus), Sumpfohreule (Asio flammeus) und Schleiereule (Tyto alba) auch regelmäßig Ährenmäuse erbeuten.
Gefährdung und Schutz
Ährenmäuse sind in den Roten Listen Österreichs als stark gefährdet eingestuft und in erster Linie durch Habitatverlust und die Intensivierung der Feldnutzung bedroht. Eine mögliche Schutzmaßnahme ist die ährenmausfreundliche Bewirtschaftung von Feldern. Dabei sollte auf die jahreszyklische Bearbeitung und besonders die frühe Umackerung nach der Ernte verzichtet werden, um die Vorratshügel der Ährenmäuse zu erhalten.
Literatur
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Sokolov, V.E. (1990): Biology of house and mound-building mice. Nautica, Moscow. (in Russian, English summary)
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Spitzenberger, F. (2001): Die Säugetierfauna Österreichs. Grüne Reihe des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Band 13. Austria Medien Service, Graz
Mitchell-Jones, A. J., Amori, G., Bogdanowicz, W., Kryštufek, B., Reijnder, P. J. H., Spitzenberger, F., Stubbe, M., Thiessen, J. B. M., Vohralik, V., & Zima, J. (1999): The atlas of European Mammal. Academic Press, London.
Zulka, P. (2005): Rote Listen gefährdeter Tiere Österreichs: Checklisten, Gefährdungsanalysen, Handlungsbedarf – Teil 1: Säugetiere, Vögel, Heuschrecken, Wasserkäfer, Netzflügler, Schnabelfliegen, Tagfalter. Grüne Reihe des Lebensministeriums. Böhlau Verlag, Wien.
Autoren: Dr. Christine Resch & Dr. Stefan Resch Zitiervorschlag: Resch, C. & Resch, S. (2023): kleinsaeuger.at – Internethandbuch über Kleinsäugerarten im mitteleuropäischen Raum: Körpermerkmale, Ökologie und Verbreitung. apodemus – Institut für Wildtierbiologie, Haus im Ennstal.