Aktivität und Fortbewegung: Die Zwergspitzmaus ist tag- und nachtaktiv, wobei ihre Hauptaktivitäten zwischen 8 – 10 Uhr morgens und 21 – 23 Uhr abends stattfinden. Innerhalb von 24 Stunden besitzt sie 12 Aktivitätsphasen von jeweils 72 Minuten. Kurze Phasen der Nahrungssuche und des Fressens werden von regelmäßigen Ruhephasen unterbrochen. Im Sommer ist sie mehr nachtaktiv als im Winter. Die erhöhte Tagaktivität hängt vermutlich mit dem Vorhandensein der schützenden Schneedecke während der kalten Jahreszeit zusammen. Rund die Hälfte ihrer Aktivitätszeit verweilt sie an der Oberfläche. Sie ist folglich häufiger am Boden anzutreffen als die Waldspitzmaus, welche nur 20 % ihrer Zeit außerhalb ihrer Erdbaue verbringt. Von allen heimischen Spitzmäusen besitzt sie die höchste Körpertemperatur (37°C bis 39°C). Dies bedingt zwar einen enormen Energieumsatz und Nahrungsbedarf (nach 2 – 3 Stunden ohne Nahrung verhungern Zwergspitzmäuse), hilft ihr aber Kälte zu tolerieren. So reicht ihr Verbreitungsgebiet in Sibirien bis zum Nordpolarmeer. Andererseits führt die hohe Stoffwechselrate zu einer kurzen Lebenserwartung von nur 13 – 16 Monaten und einer schlechten Hitzetoleranz. So steigt ihre Körpertemperatur von 38 °C bei einer Außentemperatur von 20 °C bereits auf 39 °C bei einer Umgebungstemperatur von 25 – 30 °C. Als weitere Anpassung an den Winter findet bei der Zwergspitzmaus wie bei der Wald- und Schabrackenspitzmaus aus ökonomischen Gründen eine Gewichtsreduktion (Winterdepression) wesentlicher Organe statt (= Dehnel`s Phänomen). Diese ist wie bei der Schabrackenspitzmaus weniger stark ausgepräg.
Die Zwergspitzmaus kann ausgezeichnet springen und klettern, wobei sie ihren Schwanz als Stütze und zum Balancieren verwendet. Im Gegensatz zur Waldspitzmaus gräbt sie keine Gänge und jagt ausschließlich an der Oberfläche, wo sie sich schneller und mit besserem Reaktionsvermögen als ihre Konkurrentin fortbewegt. Zudem verfügt sie über hervorragende Kletterfähigkeiten und konnte bereits in einer Höhe von 2,9 m beobachtet werden.
Territoriales Verhalten und Reviergröße: Die Zwergspitzmaus lebt territorial als Einzelgänger und verteidigt ihr Revier aggressiv gegenüber Artgenossen. Ihr Territorium markiert sie regelmäßig mit Urin und Kotbällchen. Außerhalb der Paarungszeit gelten die Tiere als unverträglich. Männchen sind zur Fortpflanzungszeit weniger territorial und unternehmen auf ihrer Suche nach paarungsbereiten Weibchen weite Wanderungen. Die Territorien sind doppelt so groß wie jene der Waldspitzmaus. Die Reviergröße ist je nach Lebensraumbeschaffenheit und Jahreszeit unterschiedlich. Kleine Territorien von rund 150 m² können vor allem in Graslandschaften beobachtet werden. Im Juni sinken die Reviergrößen, vermutlich aufgrund des besseren Nahrungsangebots, bevor sie im Herbst und Winter wieder deutlich wachsen. Allgemein liegt die Reviergröße zwischen 150 – 1.000 m².
Kommunikation und Orientierung: Die Zwergspitzmaus besitzt einen gut entwickelten Geruchs-, Hör- und Spürsinn. Zudem verfügt sie über 22 verschiedene Lautäußerungen, die von Wispern bis zu Kreischen reichen und unterschiedliche Stimmungen ausdrücken. Einige dieser Töne liegen im Ultraschallbereich und können vom Menschen nicht wahrgenommen werden. Im Gegensatz zur Waldspitzmaus trillert sie weder bei der Nahrungssuche noch beim Erkunden unbekannter Gebiete. Unter Zwergspitzmäuse finden fast ausschließlich harmlose Kämpfe mit Aggression- und Scharrlauten statt. Zum Ausdruck von besonderer Aggressivität schlägt sie, wie die Waldspitzmaus, ihren Schwanz von einer Seite zur anderen, Bissverletzungen sind aber selten zu beobachten. Pipslaute dienen als Zeichen der Unterwerfung. In der Regel versuchen sie Konflikte zu vermeiden. So stoßen aneinander treffende Individuen einen »Chit« Laut aus und gehen getrennte Wege. Daneben verwendet sie auch Sekrete der Anal- und Flankendrüsen zur Kommunikation mit Artgenossen.
Bau: Da die Zwergspitzmaus nicht gut graben kann, nutzt sie Baue anderer Kleinsäuger. Viel häufiger verlaufen ihre Gänge jedoch einfach nur oberflächlich im Moos oder Gras bzw. im Winter unter der Schneedecke. Ihr Nest legt sie in bodennahen Hohlräumen an. Im Vergleich zu anderen Spitzmausarten baut sie ihr kugelförmiges Nest mit Sorgfalt und aus verschiedenen pflanzlichen Materialien wie Laubblätter, Moos, dünne Zweige, morsches Holz und Nadeln. Winternester sind mit 500 cm³ – 3000 cm³ größer und werden geschützt unter einem Brett oder in einem Baumstumpf angelegt.