Name: Apodemus alpicola (Heinrich, 1952); Alpenwaldmaus (D), Alpine mouse (E) Internationaler Schutz: international nicht geschützt Größe: Kopf-Rumpf: 93–106 mm; Hinterfuß: 23,2–24,8 mm; Schwanz: 107–120 mm; Gewicht: 23,2–34,6 g. Fell: weicher und dichter als bei Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis) und Waldmaus (A. sylvaticus); Rücken: hell gelblichbraun bis graubraun; Bauch: grauweiß; Grenze zwichen Ober- und Unterseite oft mit deutlichen gelblichen Streifen; Kehlzeichnung: erinnert an eine „Krawatte“: ovaler gelblicher Fleck, welcher mit einem Strich bis zum Bauch verlängert ist oder ein geschlossenes Kehlband mit Strich über den ganzen Bauch und sehr selten gelblich getöner Bauch ohne weitere Kennzeichnung. Augen/Ohren: große Augen und Ohren. Schwanz: 110-140 % der Körperlänge, >130 % als Bestimmungsmerkmal. Verbreitung: Endemisch in den europäischen Alpen; Österreich: Nördliche Kalkalpen und Zentralalpen.Deutschland: Alpen; Schweiz: Kantone Graubünden und Wallis; Mehr Info: GeoMaus-Karte. Ihre Höhenverbreitung erstreckt sich von 550–2.200 m mit Schwerpunkt in der montanen Höhenstufe. Lebensraum: anpassungsfähige Art offener Standorte und lichter Wälder. Lebenserwartung: keine Angaben, aber vermutlich ähnlich der Wald- und Gelbhalsmaus. Ähnliche Arten: Die Waldmaus besitzt einen kürzeren Schwanz (<KR) und eine kürzere Hinterfußlänge. Im Vergleich zur Gelbhalsmaus (Schwanz <120% KR) besitzt sie einen grauweißen, anstelle eines weißen Bauches. Systematik: Ordnung: Nagetiere (Rodentia) → Unterordnung: Mäuseverwandte (Myomorpha) → Überfamilie: Mäuseartige (Muroirdea) → Familie: Ratten- und Mäuseartige (Muridae) → Unterfamilie: Echte Mäuse und Ratten (Murinae) → Gattung: Waldmäuse (Apodemus)
Bestimmungsmerkmale
Die Alpenwaldmaus, früher als Unterart der Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis) angesehen, wird seit dem Jahr 1989 als eigene Art anerkannt. Hinsichtlich ihrer Bestimmung gilt die gleiche Problematik wie bei Waldmaus (A. sylvaticus) und Gelbhalsmaus: Aufgrund der Variationsbreite innerhalb der Art und in der Gattung Waldmäuse (Apodemus) ist eine Unterscheidung anhand äußerer Merkmale unzuverlässig. Ein Hinweis stellt vor allem eine Schwanzlänge von 130 % der Körperlänge dar. Andere Merkmale sind die grauweiße Unterseite, welche sie von der Gelbhalsmaus (weißer Bauch), nicht aber von der Waldmaus unterscheidet. Die Hinterfüße sind bei der Alpenwaldmaus größer als bei der Waldmaus, bei der Gelbhalsmaus jedoch gleich. Die Kehlzeichnung wirkt verwaschen und variiert: Sie ist entweder ein ovaler gelblicher Fleck, welcher mit einem Strich bis zum Bauch verlängert ist oder ein geschlossenes Kehlband mit Strich über den ganzen Bauch. Sehr selten treten Individuen mit gelblich getöntem Bauch ohne weitere Kennzeichnung auf. Eine eindeutige Identifizierung ist jedoch meist nur mit biochemischen Methoden oder einer Auswertung von Schädelmerkmalen (Beispiel nach Reuter et al. 1999) möglich.
Lebensraum
Die Alpenwaldmaus kann als anpassungsfähige Art betrachtet werden, welche vorwiegend Misch- und Nadelwälder (Fichten-Tannen-Buchenwald, Fichtenwald) der montanen bis subalpinen Höhenstufe bewohnt. Sie kann auch in feuchten Hangwäldern, in offenen Waldbereichen (Wiesen, Weiden) oder in trockenen, offenen Laub- Misch oder Lärchenwäldern angetroffen werden. Im Bereich der Waldgrenze lebt sie in Zwergstrauchheiden und auf Almen, wo sie im Winter gelegentlich in Hütten eindringt. In ihren Lebensräumen bevorzugt sie helle Standorte mit guter Deckung aus Hochstauden, Sträuchern, Geröll und Steinen sowie einem ausgeprägten Bodenrelief. Hohe Vorkommen in reinen Nadelwäldern sind meist eine Folge der Konkurrenz mit der Gelbhalsmaus oder der Rötelmaus, welche sie in diese suboptimalen Habitate verdrängen.
Lebensweise
Da die Alpenwaldmaus erst seit wenigen Jahren als eigene Art geführt wird, gibt es kaum Untersuchungen zu ihrer Biologie. Es wird angenommen, dass sie in ihrer Lebensweise der Waldmaus und der Gelbhalsmaus ähnelt. Besonders die Kenntnisse zur Fortpflanzungsbiologie und Sozialstruktur gelten als lückenhaft. Im Gegensatz zu anderen Waldmäusen stellen ihr langer Schwanz und ihre großen Hinterfüße eine Anpassung an das Klettern auf felsigen Untergrund dar und sprechen nicht unbedingt für ein arboreales Verhalten dieser Art.
Fortpflanzung und Population
Die Fortpflanzungszeit reicht von April bis August/September. 2 bis 3 Mal im Jahr werden durchschnittlich 5 – 6 Jungtiere geboren. Weibchen und Männchen werden noch im selben Jahr geschlechtsreif.
Nahrung
Auf Almen kann entlang der Waldränder eine häufige Konkurrenz mit der Gelbhalsmaus festgestellt werden. In montanen Waldflächen verdrängt die dominante Gelbhalsmaus dabei häufig die Alpenwaldmaus in offenere Bereiche mit niedriger Vegetation, auf Steinhalden oder in suboptimale reine Nadelwälder. Ein gemeinsames Vorkommen mit der Waldmaus ist hingegen selten zu beobachten, da beide Arten unterschiedliche Höhenstufen bevorzugen. Kommen alle drei Arten in einem Gebiet vor, kann eine Nischentrennung beobachtet werden: Die Waldmaus ist vermehrt in offenen Habitaten und entlang der Waldränder anzutreffen, die Gelbhalsmaus besiedelt unterwuchsfreie Hochwälder und die Alpenwaldmaus bevorzugt geröll- und steinreiche, lichte Standorte mit guter Krautschicht sowie strukturreichem Bodenrelief. Nur in höheren Lagen dominiert die Alpenwaldmaus, da sie mit ihrer geringeren Stoffwechselrate besser an das kühle Klima angepasst ist. Innerhalb der Wühlmäuse ist die Rötelmaus ihre größte Konkurrentin, welche sie nach Mastjahren bei hohen Populationsdichten häufig in suboptimale Nadelwälder verdrängt. Zu ihren Feinden zählen vor allem Eulen, Baummarder (Martes martes), Hermeline (Mustela erminea) und Mauswiesel (Mustela nivalis).
Konkurrenz und Feinde
Aufgrund fehlender Forschung ist nur wenig über ihre Gefährdung bekannt. Anzunehmen ist, dass sie wie die Gelbhalsmaus unter der Isolierung verbleibender Waldflächen leidet. Da in der Forstwirtschaft meist wenig selektive Methoden zur „Kleinsäugerbekämpfung“ verwendet werden, ist davon auszugehen, dass diese Maßnahmen lokale Vorkommen gefährden.
Gefährdung und Schutz
In Österreich ist die Zwergwaldmaus eine der am wenigsten bekanntesten Kleinsäugerarten. Weiterführende Studien zur Einschätzung ihres Gefährdungspotentials sind daher dringend notwendig. Wie bei der Ährenmaus, dem Feldhamster (Cricetus cricetus) und dem Ziesel (Spermophilus citellus) ist davon auszugehen, dass die Intensivierung und Modernisierung der Landwirtschaft regionale Vorkommen gefährdet. Der Rückgang brachliegender Flächen in unserer Kulturlandschaft führt zu zusätzlichen Lebensraumverlust. Anzunehmen ist, dass die Zwergwaldmaus vom Lebensraumschutz des Feldhamsters und des Ziesels profitiert.
Literatur
Grimmberger, E. (2014): Die Säugetiere Deutschlands. Quelle & Meyer, Wiebelsheim.
Jenrich, J., Löhr, P.-W., & Müller, F. (2010): Kleinsäuger: Körper- und Schädelmerkmale, Ökologie. Beiträge zur Naturkunde in Osthessen (Hrsg. Verein für Naturkunde in Osthessen e.V.). Michael Imhof Verlag, Fulda.
Kraft, R. (2008): Mäuse und Spitzmäuse in Bayern: Verbreitung, Lebensraum, Bestandssituation. Ulmer Verlag, Stuttgart.
Mitchell-Jones, A. J., Amori, G., Bogdanowicz, W., Kryštufek, B., Reijnder, P. J. H., Spitzenberger, F., Stubbe, M., Thiessen, J. B. M., Vohralik, V., & Zima, J. (1999): The atlas of European Mammal. Academic Press, London.
Müller, J. P., Jenny, H., Lutz, M., Mühlethaler, E., & Briner, T. (2010): Die Säugetiere Graubündens: Eine Übersicht. Sammlung Bündner Naturmuseum und Desertina Verlag, Chur.
Reutter, B., Hausser, J., & Vogel, P. (1999): Discriminant analysis of skull morphometric characters in Apodemussylvaticus, A. flavicollis, and A. alpicola (Mammalia; Rodentia) from the Alps. Acta Theriologica, 44, 299-308.
Spitzenberger, F. (2001): Die Säugetierfauna Österreichs. Grüne Reihe des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Band 13. Austria Medien Service, Graz
Vogel, P. (1995): Apodemus alpicola Heinrich, 1952. In: Die Säugetiere der Schweiz: Verbreitung, Biologie und Ökologie (Hrsg.: J. Hausser). Band 103, 279-282. Birkäuser Verlag, Basel.
Autoren: Dr. Christine Resch & Dr. Stefan Resch Zitiervorschlag: Resch, C. & Resch, S. (2023): In: kleinsaeuger.at – Internethandbuch über Kleinsäugerarten im mitteleuropäischen Raum: Körpermerkmale, Ökologie und Verbreitung. apodemus – Institut für Wildtierbiologie, Haus im Ennstal.