Microtus arvalis

Feldmaus (Microtus arvalis)

Name: Microtus arvalis (Pallas, 1778); Feldmaus (D); Common vole (E)
Internationaler Schutz: international nicht geschützt
Größe: Kopf-Rumpf: 70–110 mm; Hinterfuß: 15–17,5 mm; Schwanz: 26–36 mm; Gewicht: 14–37 g.
Fell: Rücken: in der Regel braun, gelegentlich braungrau und gelblich. Unterseite: weißgrau bis gelbgrau, Übergang OS zu US fließend. Farbtöne variieren, so sind z. B. Tiere im Flachland meist heller. Das Fell ist mit 5.900 Haaren pro cm² im Vergleich mit anderen Wühlmäusen nicht besonders dicht.
Augen/Ohren: Augen im Vergleich mit vielen anderen Wühlmäusen relativ groß, in der Mitte zwischen Ohransatz und Schnauzenspitze. Ohren nicht im Fell verborgen. Ohrinnenrand nur kurz behaart.
Schwanz: Oberseitig etwas dunkler, kurz.
Verbreitung: Europäische Verbreitung bis nach Zentralrussland reichend, nicht verbreitet in Groß-Britannien, Fennoskandinavien, dem Mittelmeerraum und im Norden Russlands; Österreich: in allen Landesteilen verbreitet; Deutschland: in allen Landesteilen verbreitet; Schweiz: nördlich der Alpen weit verbreitet, ansonsten zum Teil fehlend oder isoliert; Mehr Info: GeoMaus-Karte. Ihre Höhenverbreitung erstreckt sich bis 2.700 m mit Schwerpunkt von der planar/kollin- bis submontanen Höhenstufe.
Lebensraum: Vorzugsbiotop: Wiesen mit tiefgründigen Böden, kurzen Gräsern und tiefem Grundwasserspiegel. Reviergröße abhängig von Sozialordnung und Populationsdichte: bei Weibchen 200–400 m² und bei Männchen 1200–1500 m². Dichte im Mittel 3–5 Individuen pro 100 m², bei Massenvermehrung bis zu 100 Individuen pro Hektar.
Lebenserwartung: in Gefangenschaft bis zu 5 Jahre, in der Natur kaum älter als 9 Monate.
Ähnliche Arten: Die Feldmaus kann anhand äußerer Merkmale von der Erdmaus (Microtus agrestis) meist nur durch ihre aus dem Fell ragenden Ohren mit kleineren Innenlappen am Ohreingang, nur spärlich behaarten Ohrinnenrändern und den näher bei der Schnauzenspitze liegenden Augen unterschieden werden. Die dunkler gefärbte Sumpfmaus (M. oeconomus) ist größer, die Kurzohrmaus (M. subterraneus) kleiner und hat meist nur 5 statt 6 Sohlenschwielen.
Sytematik: Ordnung: Nagetiere (Rodentia) → Unterordnung: Mäuseverwandte (Myomorpha) → Überfamilie: Mäuseartige (Muroirdea) → Familie: Hamster- und Wühlmausartige (Cricetidae) → Unterfamilie: Wühlmäuse und Lemminge (Arvicolinae) → Gattung Feldmäuse (Microtus) → Untergattung (Microtus)

Lebensraum

Die Feldmaus besiedelt Wiesen und Felder der offenen Kulturlandschaft mit tiefgründigen Böden, niedrigen Gräsern und tief liegendem Grundwasserstand. Im Siedlungsbereich bewohnt sie Gärten, Parks und Grünflächen an Straßenrändern. Sie ist bis zu einem gewissen Nutzungsgrad auch auf landwirtschaftlichen Flächen anzutreffen. Für eine dauerhafte Besiedlung sind die Lebensbedingungen (Bsp. Zeitpunkt der Mahd) und die vorhandene Strukturvielfalt entscheidend. Grasige Feldraine, Böschungen, Brachflächen, Heckenstreifen und bewachsene Feldwege sind bedeutende Ausbreitungskorridore und bei landwirtschaftlich genutzten Feldern zudem entscheidende Rückzugsräume. Flächen mit wiederkehrendem Hochwasser, Moore, Sümpfe, Wälder und Wiesen mit Hochgras meidet sie gänzlich. Diese Habitatansprüche unterscheiden die Feldmaus deutlich von der Erdmaus. In strukturreichen Gebieten können dennoch beide Arten häufig in unmittelbarer Nachbarschaft beobachtet werden.

Lebensweise

Aktivität und Fortbewegung: Die Feldmaus ist in einem regelmäßigen Rhythmus von 2 Stunden außerhalb ihres Baues anzutreffen. Eine hohe Anzahl von Aktivitätsphasen ist aufgrund ihres hohen Stoffwechsels und dem damit verbundenen hohen Nahrungsbedarf sowie den notwendigen Kontrollgängen zur Behauptung ihres Territoriums notwendig. Zwischen zwei Abenddämmerungen treten 8 – 10 Aktivitätsphasen auf, wobei die Länge je nach Witterung und Jahreszeit variiert. Auf Felder ist nach der Mahd die Aktivität außerhalb des Baues am Tag stark reduziert. Am häufigsten können Feldmäuse am Nachmittag und in der Abenddämmerung beobachtet werden. Schnelles laufen und hüpfen zählen zu ihren charakteristischen Fortbewegungsarten. Da sie ausschließlich in offenen Lebensräumen zu finden ist, kann sie weder gut springen noch klettern. Auch wenn sie keine hervorragende Schwimmerin ist, ist sie in der Lage sich durch vierbeiniges Paddeln bei Überschwemmungen in Sicherheit zu bringen. Das Fell weist jedoch keinerlei wasserabweisende Wirkung auf, sodass der kleine Nager in wenigen Minuten durchnässt ist.

Territoriales Verhalten und Revier: Ihr territoriales Verhalten ist stark an die Populationsdichte gebunden. So leben Feldmäuse bei geringen Dichten solitär und Kontakte mit Tieren anderen Geschlechts beschränken sich zur Fortpflanzungszeit. Die Reviergröße ist variable und beträgt bei Weibchen 200 – 400 m² und bei Männchen 1200 – 1500 m². Während männliche Tiere das ganze Jahr als Einzelgänger leben, bilden Weibchen Familienverbände mit ihren Jungen, welche sich in der Regel nach drei Wochen wieder auflösen. Ab einer kritischen Dichte bleiben die Verbände jedoch bestehen und es bilden sich Revier- und Nestgemeinschaften. Dabei handelt es sich meist um blutsverwandte Feldmäuse mit familientypischen Geruch. Mit diesem Übergang von einer solitären zu einer sozialen Lebensweise, wird die Nachkommenanzahl erheblich erhöht, da fortpflanzungsfähige Weibchen auf engsten Raum zusammenleben und die gemeinsame Brutpflege die Überlebenschancen der Jungen positiv beeinflusst.

Kommunikation und Orientierung: Ihre Sinne sind gut ausgeprägt. Eine besondere Bedeutung besitzt die Wahrnehmung von Ultraschallgeräuschen zur innerartlichen Verständigung. Ein charakteristisches helles, einsilbiges Quieken stellt ein Ihre Angst- und Drohruf dar. Der gute Geruchsinn dient ebenfalls zur Kommunikation und zur Feinderkennung. Ihre Augen liegen weit oben, um Feinde aus der Luft rechtzeitig zu bemerken.

Bau: Sie legt ihre Baue in frische bis mäßig trockene Böden mit tief liegendem Grundwasserstand an. Ihr Baueingang misst 3,5 cm und im Gegensatz zu Maulwurfshügeln und Scherhaufen ist der Auswurf gering und um das Loch gestreut. Denn wie alle Wühlmäuse gräbt sie mit den Vorderfüßen und schiebt anfallende Erde unter dem Bauch zu den Hinterbeinen, mit denen sie das Material weiterbefördert. Sie bewegt sich dabei stets in Richtung Ziel, wodurch die lose Erde zusätzlich gefestigt wird. Das Tunnelsystem steht mit Laufwegen im Gras in Verbindung, welche durch das Wegfressen der vorhandenen Vegetation gekennzeichnet sind und in erster Linie zur Flucht dienen. Oberirdische und unterirdische Gänge sind mit Fallröhren ausgestattet und werden von der gesamten Kolonie genutzt. Zum Schutz vor Oberflächenwasser gräbt sie Gänge zunächst sehr tief, bevor sie wieder nach oben führen. Die meisten davon befinden sich mindestens 30 cm im Boden. Noch tiefer gelegene, selten genutzte Tunnelsysteme des Maulwurfs werden vor allem bei Frost mitgenutzt. Blind endende Teilstücke dienen der schnellen Zuflucht und als Fraßplatz. Kotplätze befinden sich vorwiegend in den oberirdischen Laufwegen. Das fein zerfaserte, trockene Grasnest liegt in einer eigens angelegten Kammer rund 20–50 cm unter der Erdoberfläche.

Fortpflanzung und Population

Die Fortpflanzung beginnt je nach Klima und Populationsdichte im März/April, wobei die Fortpflanzungsrate zwischen Mai und Juni am höchsten ist. Ein Weibchen bringt 2–3 Mal nach einer Tragzeit von 19–21 Tagen 4–7 Junge zur Welt. Bei hohen Dichten werden häufig Gemeinschaftsnester von bis zu 3 Weibchen zur Jungenaufzucht genutzt. Die Gruppe besitzt in der Regel einen größeren Bau mit zahlreichen Ein- und Ausgängen, Erdgängen, Futterspeichern, Nestern und Fluchtröhren. Sexuell heranreifende Jungtiere und einzeln lebende Weibchen werden von der Gruppe nicht geduldet. Allein lebende Weibchen besitzen einen deutlich kleineren Bau mit nur einer Nestkammer, ohne Vorratskammern und Fluchtröhren und mit maximal 4 Ausgängen. Ihre Jungenanzahl ist zwar geringer, die Überlebensrate mit 60 % jedoch höher als jene in Gemeinschaftsnestern, wo häufig zwei Drittel der Tiere sterben. Jungtiere können bereits ab dem 13. Lebenstag begattet und trächtig werden. Nach 34 Tagen legen die Tiere eigene Baue an.
Durch das Verwenden von Gemeinschaftsnestern und ihrer hohen innerartlichen Stresstoleranz können hohe Populationsdichten beobachtet werden. Die mittlere Populationsdichte liegt bei 3–5 Tieren pro 100 m², 10–25 Tiere pro 100 m² stellen bereits eine hohe Dichte dar. Die Anzahl an Individuen schwankt sehr stark in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen je nach Jahr und Region. Diese Zyklen stehen meist mit der landwirtschaftlichen Nutzung des Lebensraumes und der lokalen Räuber-Beute-Dynamik in Zusammenhang. Rückgänge werden von einer Reihe von Faktoren ausgelöst, wobei die allgemein kurze Lebenserwartung, Nahrungsknappheit, Stress und Prädation als Hauptursachen gelten.

Nahrung

Die Feldmaus ernährt sich selektiv von in ihrem Gebiet vorkommenden Gräsern und Kräutern, wobei Löwenzahn und Klee besonders beliebt sind. Daneben frisst sie in geringerer Anzahl andere Pflanzenarten. Samen, unterirdische Pflanzenteile und Rindenstücke werden ausschließlich im Winter verzehrt. Häufig sammelt sie auch Nahrung in Eingängen und Vorratslagern. Insekten bilden phasenweise mit 20 % einen wichtigen Bestandteil in ihrer Ernährung.

Konkurrenz und Feinde

Aufgrund ihrer raschen Vermehrung setzt sie sich meist gegenüber anderen Kleinsäugern, wie der Kurzohrmaus (Microtus subterraneus) und der Erdmaus (Microtus agrestis) erfolgreich durch. Dies gilt insbesondere für strukturarme Lebensräume. Als Fressfeinde der Feldmaus gelten unter den Säugetieren besonders das Mauswiesel (Mustela nivalis), das Hermelin (Mustela erminea) und der Rotfuchs (Vulpes vulpes). Hinzu kommen Hauskatze (Felis silvestris), Iltis (Mustela putorius) und Wildschweine (Sus scrofa). Unter den Vogelarten sind Mäusebussard (Buteo buteo), Waldohreule (Asio otus), Sumpfohreule (Asio flammeus) und Schleiereule (Tyto alba) Feldmausjäger. Nestlinge werden auch von anderen Kleinsäugern wie von Spitzmäusen (insbesondere der Waldspitzmaus Sorex araneus und der Gartenspitzmaus Crocidura suaveolens) erbeutet.

Gefährdung und Schutz

Feldmäuse gelten als nicht gefährdet. Mit dem Einsatz großer Maschinen sind sie jedoch längst nicht mehr auf allen Feldern zu finden. Umso wichtiger ist auf Flächen mit mäßiger Landwirtschaft vernetzte Hecken, Gräben und Raine als Rückzugsräume während der Bewirtschaftung zu erhalten. Dies erweist sich zugleich als zielführende Maßnahme gegen Massenvermehrungen. Denn die Veränderung von einer Kultursteppe zu einer strukturierten Landschaft mittels Heckenbepflanzung bewirkt eine Unterbrechung großflächiger Feldmausbiotope und wirkt einer raschen Vermehrung entgegen. Zudem steigt bei strukturreichen Lebensräumen die Artenvielfalt und viele potentielle Feinde der Feldmaus leben in unmittelbarer Nachbarschaft und erhalten ein natürliches Gleichgewicht

Literatur
  • Jenrich, J., Löhr, P.-W., & Müller, F. (2010): Kleinsäuger: Körper- und Schädelmerkmale, Ökologie. Beiträge zur Naturkunde in Osthessen (Hrsg. Verein für Naturkunde in Osthessen e.V.). Michael Imhof Verlag, Fulda.
  • Kraft, R. (2008): Mäuse und Spitzmäuse in Bayern: Verbreitung, Lebensraum, Bestandssituation. Ulmer Verlag, Stuttgart.
  • Meylan, A. (1995): Microtus arvalis (Pallas, 1778). In: Die Säugetiere der Schweiz: Verbreitung, Biologie und Ökologie  (Hrsg.: J. Hausser). Band 103, 328-333. Birkäuser Verlag, Basel.
  • Müller, J. P., Jenny, H., Lutz, M., Mühlethaler, E., & Briner, T. (2010): Die Säugetiere Graubündens: Eine Übersicht. Sammlung Bündner Naturmuseum und Desertina Verlag, Chur.
  • Müller, P. (2011): Die Feldmaus (Microtus arvalis). In: Die Säugetiere des Fürstentums Lichtenstein. (Mammalia)  (Hrsg.: R. d. F. Liechtenstein). 128-129. Amtlicher Lehrmittelverlag, Vaduz.
  • Quéré, J. P., & Le Louarn, H. (2011): Les rongeurs de France: Faunistique et biologie. Editions Quae, Versailles.
  • Mitchell-Jones, A. J., Amori, G., Bogdanowicz, W., Kryštufek, B., Reijnder, P. J. H., Spitzenberger, F., Stubbe, M., Thiessen, J. B. M., Vohralik, V., & Zima, J. (1999): The atlas of European Mammal. Academic Press, London.
  • Spitzenberger, F. (2001): Die Säugetierfauna Österreichs. Grüne Reihe des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Band 13. Austria Medien Service, Graz
  • Grimmberger, E. (2014): Die Säugetiere Deutschlands. Quelle & Meyer, Wiebelsheim.
  • Dieterlen, F. (2005): Feldmaus Microtus arvalis (Pallas, 1778). In: Die Säugetiere Baden-Württembergs  (Hrsg.: M. Braun & F. Dieterlen). Band 2, 297-311. Ulmer, Stuttgart.
  • Schröpfer, R., & Hildenhagen, U. (1984): Feldmaus – Microtus arvalis (Pallas, 1779). In: Die Säugetiere Westfalens  (Hrsg.: R. Schröpfer, R. Feldmann & H. Vierhaus). 204-215. Westfälisches Museum für Naturkunde Münster, Münster.

Autoren: Dr. Christine Resch & Dr. Stefan Resch
Zitiervorschlag: Resch, C. & Resch, S. (2023): kleinsaeuger.at – Internethandbuch über Kleinsäugerarten im mitteleuropäischen Raum: Körpermerkmale, Ökologie und Verbreitung. apodemus – Institut für Wildtierbiologie, Haus im Ennstal.

kleinsaeuger.at